Der Zeuge
Ein ehemaliger KZ-Häftling sagt in einem Gerichtsverfahren der Alliierten gegen seine ehemaligen Peiniger aus. Auf der Anklagebank sitzen SS-Männer, ein Lagerarzt und Ilse Koch, Frau des Lagerkommandanten von Buchenwald. Regisseur und Hauptdarsteller Bernd Michael Lade hat seinen auf Gerichtsakten gestützten Film wie ein klinisches Experiment aufgezogen: die Handlung spielt sich ausschließlich im Gerichtssaal ab. Jeden Satz hören wir zweimal, da die Aussagen von Gerichtsdolmetscher*innen ins Englische oder Deutsche übersetzt werden. Das Ergebnis ist von beklemmender Dringlichkeit, die Vernichtungs- und Verwertungsmaschinerie des KZ-Systems breiten sich als ein Panorama des Grauens und der persönliche Verstrickung der Täter*innen vor uns aus.
So ganz scheint der Regisseur seinem Film allerdings selbst nicht zu trauen. Filmmusik und Geräusche, die scheinbar willkürlich als akustische Untermalung der Aussagen auftauchen, ästhetisieren das geschilderte Grauen, ohne dass es dieser Effekte wirklich bedürfen würde. Weniger wäre an dieser Stelle mehr gewesen. Dennoch: Filme über die deutsche Täterschaft konnte man in den letzten Jahren mit der Lupe suchen, Lades Film füllt diese Lücke verdienstvoll aus.
Drama; Englisch, Deutsch
Deutschland 2023
Regie: Bernd Michael Lade; mit: Bernd Michael Lade, Maria Simon, Lina Wendel, Torsten Spohn
93 Min.